500 Jahre Bauernkrieg: Viel Wut zwischen Schwarzwald und Neckar
Ausstellung in Glatt

Große Schlachten tobten hier nicht. Und doch ging es zwischen Schwarzwald und Neckar beim Aufruhr von 1524/25 hoch her. Das zeigt eine Ausstellung in Glatt, die am 2. August eröffnet wird. Lesen Sie hier Teil Vier der NRWZ-Reihe zum Thema Bauernkrieg.
„Vor allem die Region zwischen Alpirsbach und Sulz war ein Hotspot“, erläutert im Gespräch mit der NRWZ Johannes Waldschütz, Leiter des Stabsbereichs Archiv, Kultur, Tourismus beim Landratsamt Rottweil. Gemeinsam mit Kollegen vom Kreisarchiv Freudenstadt und der Stadt Sulz hat Waldschütz die Ausstellung konzipiert.

Sie veranschaulicht, was der „Bauernkrieg“, also der größte Aufstand vor der französischen Revolution, seinerzeit in der Region bedeutete. Bereits eine Übersichts-Grafik macht es deutlich: eine ganze Menge. Verzeichnet haben die Macher darauf über 180 Personen, die mit dem Aufruhr an den verschiedenen Orten in Verbindung standen. Sie mussten sich nach dem Bauernkrieg gegenüber ihren Herren für diese Beteiligung an der Erhebung rechtfertigen.
Derlei Spuren sind zahlreich. Sie zeigen: Der Aufstand war nicht die Sache weniger. Nein, er mobilisierte viele. „Es gab viel Wut in der Region“, fasst Johannes Waldschütz den Gesamteindruck nach intensiven Recherchen zusammen. Wut freilich hatte sich schon früher gezeigt – schon 1514 hatte es hier Unruhen gegeben. Und sie hatte verschiedene Gründe.

In Alpirsbach etwa wollten die Bauern eine drückend gewordene Abgabenlast mindern. In Dornstetten erhitzten sich die Gemüter an den kirchlichen Verhältnissen – die Thesen Martin Luthers wühlten seit 1517 im ganzen Land die Gläubigen auf. Und vielerorts empörte die Menschen, dass Grundherren immer mehr auf die Wälder und Almenden zugriffen, die doch seit Generationen allen zugute kamen.
Diese brenzlige Gemengelage entzündete sich schließlich im April 1525 – im Vergleich zu anderen Gebieten also eher spät. Am 11. April fanden sich auf dem Vogelsberg bei Loßburg um die 150 Bauern zusammen. Sie nahmen den Abt des Klosters Alpirsbach gefangen, besetzten Dornstetten, zogen nach Klosterreichenbach, plünderten die Burg Mandelberg und eroberten Ende April Schloss Glatt.

Mit den dort erbeuteten Waffen konnten sie ab 30. April die Stadt Sulz und die Burg Albeck erobern. Da von Süden her aber bereits die gegnerischen Truppen des Schwäbischen Bundes unter Georg III. Truchsess von Waldburg, dem für Grausamkeiten verschienen „Bauernjörg“, anrückten, zogen sie weiter in Richtung Norden. Bei Böblingen unterlagen sie schließlich den Truppen des Truchsess – viele verloren ihr Leben oder wurden gefangen genommen.

Die Ausstellung macht diese Dramatik spürbar – oft mit Blick auf einzelne Akteure, deren Schicksal skizziert wird. Sie eröffnet darüber hinaus indes ein weites Panorama und ordnet die Geschehnisse in einen größeren Rahmen ein. Mit über 100 Schaustücken illustrieren die Ausstellungsmacher, was diese uns heute völlig fremde Welt zu Beginn des 16. Jahrhunderts ausmachte.
Allein schon die kleinteiligen Herrschaftsverhältnisse lassen staunen. Das Panorama fächerte sich auf von der Reichstadt Rottweil, die sich aus den Wirren klug herauszuhalten verstand, über Gebiete der Herren von Zimmern und Herren von Geroldseck, etliche Klöster, österreichische und württembergische Gebiete bis zu Ritterschaften – der sprichwörtliche Flickenteppich des Alten Reichs war in der Region fast idealtypisch anzutreffen. Verdeutlicht wird aber auch, wie die Menschen lebten – seien es Stadtbürger, Kleriker oder die Bauern, die beim Aufbegehren freilich nicht allein standen.

Ein Prunkstück der Schau ist die 1564 von David Rötlin geschaffene, detailreiche Pürschgerichtskarte, aus der sich vieles ablesen lässt – von Raumvorstellungen bis zu Aspekten von Wirtschaft und Verkehr. Hinzu kommen Waffen sowie Objekte vor allem aus Rottweil, die das Alltagsleben illustrieren, sowie als besonderes Schmankerl Objekte aus einer im Bauernkrieg verbrannten Truhe.
Große Aussagekraft haben auch Schriftstücke, die von den Beteiligten mit viel Mühe recherchiert wurden – und nicht zuletzt die Nachwirkungen illustrieren: von harten Strafen bis zu milden Sühneleistungen. Dieser Schatz wird vertieft in der Publikation zur Glatter Schau ausgewertet, die im Herbst erscheinen soll. Nicht nur angesichts der eindrucksvollen Ausstellung darf man auf das Buch gespannt sein.
Info: Die Ausstellung im Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt ist bis 1. Februar 2026 zu sehen. Weitere Informationen unter www.schloss-glatt.de.
Am 2. August wird zum Start ein besonderes Spektakel geboten: Ab 17 Uhr gibt es eine Erlebniswelt mit Jahrmarktflair, ab 19 Uhr das Theater- und Musikspektakel „Uffrur … on the Road“ des Landesmuseums Württemberg, ab 20 Uhr einen Ausklang mit dem Gerstensaft Quintett.
In Teil Fünf der NRWZ-Serie nehmen wir Menschen aus der Region in den Blick, die 1524/25 für Gerechtigkeit und Freiheit kämpften.